Sterben in der Schweiz: Ein selbstbestimmter Weg am Lebensende | silberFuchs

Sterben in der Schweiz: Ein selbstbestimmter Weg am Lebensende

Special: Lebenswert – Liebenswert | 0 comments

Für viele ältere Menschen ist die Frage nach dem Lebensende nicht nur eine theoretische Überlegung. Schmerzen, schwere Krankheiten oder der Verlust von Lebensqualität werfen die Frage auf: „Wie möchte ich gehen, wenn es so weit ist?“ In diesem Artikel geben wir Ihnen einen Überblick zur Arbeit von Hospizen, Palliativmedizin und Sterbehilfe.

Palliativpflege: Die letzten Meter ohne Schmerzen gehen

Die Palliativpflege ermöglicht Menschen am Lebensende, die verbleibende Zeit weitgehend schmerzfrei, würdevoll und nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Ziel ist nicht, den Tod durch Medikamentengabe zu beschleunigen oder hinauszuzögern, sondern Lebensqualität zu erhalten und psychische, soziale sowie spirituelle Bedürfnisse zu berücksichtigen.

Die Versorgungslage in der Schweiz bleibt jedoch unbefriedigend. Laut der Schweizerischen Gesellschaft für Palliative Medizin, Pflege und Begleitung stieg die Zahl spezialisierter Palliativbetten von 375 im Jahr 2021 auf 393 im Jahr 2022. Für die rund 8,7 Millionen Einwohner:innen des Landes wären nach Empfehlung der European Association for Palliative Care aber 870 Betten nötig – mehr als doppelt so viele wie derzeit vorhanden. Sechs Kantone, darunter Uri und Schaffhausen, verfügen gar über kein einziges spezialisiertes Palliativbett.

Auch die Finanzierung bleibt problematisch: Leistungen werden teilweise nicht von der obligatorischen Krankenversicherung übernommen, und das System der Fallpauschalen (DRG) berücksichtigt die besonderen Bedürfnisse der Palliative Care nur unzureichend.

Zu Hause sterben: Nähe und Vertrautheit

Für viele Menschen ist das eigene Zuhause der sicherste und vertrauteste Ort, um die letzten Tage zu verbringen. Eine Befragung aus dem Jahr 2018 zeigt, dass etwa 70?Prozent der Schweizer Bevölkerung diesen Wunsch äußern (Stettler et al., 2018). Ambulante Palliativdienste und mobile Hospizteams machen diesen Wunsch möglich: Sie bringen professionelle Pflege, Schmerzmanagement und einfühlsame Begleitung direkt zu den Betroffenen nach Hause.

Angehörige können so aktiv in die Betreuung eingebunden bleiben und Teil des Abschiedsprozesses sein. Tageshospize bieten zusätzlich die Möglichkeit, tagsüber Unterstützung und Entlastung zu erhalten, während die Nächte weiterhin in der gewohnten Umgebung verbracht werden – ein Stück Normalität und Geborgenheit in einer schwierigen Zeit.

Hospiz: Ein geschützter Rahmen für das Lebensende

Hospize bieten schwerkranken Menschen einen geschützten Ort, an dem sie ihre letzten Lebenswochen oder -tage in Würde verbringen können. Fachkräfte der Palliativmedizin kümmern sich um die Linderung von Schmerzen und belastenden Symptomen, begleiten emotional und stehen Angehörigen beratend zur Seite. Im Zentrum steht nicht die medizinische Höchstleistung, sondern die Lebensqualität: Komfort, persönliche Betreuung und psychische Unterstützung werden ebenso grossgeschrieben wie körperliche Pflege. Viele Hospize bieten zusätzliche Angebote wie Musik- oder Kunsttherapie, Gespräche mit Seelsorger:innen oder die Möglichkeit, letzte Wünsche zu erfüllen.

Ein Aufenthalt im Hospiz entlastet auch die Angehörigen: Sie können sich auf professionelle Pflege verlassen, erhalten Begleitung beim Abschiednehmen und Unterstützung in der Trauerbewältigung. Gleichzeitig gibt es Herausforderungen: Den richtigen Zeitpunkt für die Aufnahme zu bestimmen, ist oft schwierig – zu früh erscheinen manche Hospize unnötig, zu spät könnte der verbleibende Zeitraum zu kurz sein, um die Betreuung voll auszuschöpfen.

Zudem kann die Verfügbarkeit begrenzt sein; Wartezeiten auf einen freien Platz kommen vor. Der Abschied von der vertrauten Umgebung und dem gewohnten Alltag kann emotional belasten, und individuelle Wünsche, etwa ein Einzelzimmer oder besondere Therapien, können zusätzliche Kosten verursachen, auch wenn die Grundversorgung in der Regel von der Krankenkasse übernommen wird.

Pflegerin redet mit älterer Frau im Bett

Sterbehilfe in der Schweiz

In der Schweiz gewinnt die Suizidbeihilfe zunehmend Akzeptanz. Jährlich sterben über 1.500 Menschen auf diesem Weg. Volksabstimmungen und Umfragen zeigen eine Mehrheit für das Recht auf Suizidbeihilfe, doch gesellschaftlich bleibt das Thema umstritten. Während die Praxis professionalisiert ist – Freitod-Begleiter:innen, oft Rentner:innen, übernehmen die Begleitung einfühlsam und verantwortungsvoll –, mahnen Ethiker:innen, dass diese Freiheit mit sorgfältiger Reflexion verbunden bleiben muss. Insbesondere die Betreuung der Angehörigen, Bekannten und Freunde des Verstorbenen sind bis dato nicht vorgesehen. Diesen Lücke gilt es zu bedenken.

Ein Aufenthalt im Hospiz entlastet auch die Angehörigen: Sie können sich auf professionelle Pflege verlassen, erhalten Begleitung beim Abschiednehmen und Unterstützung in der Trauerbewältigung.
Gleichzeitig gibt es Herausforderungen: Den richtigen Zeitpunkt für die Aufnahme zu bestimmen, ist oft schwierig – zu früh erscheinen manche Hospize unnötig, zu spät könnte der verbleibende Zeitraum zu kurz sein, um die Betreuung voll auszuschöpfen. Zudem kann die Verfügbarkeit begrenzt sein; Wartezeiten auf einen freien Platz kommen vor. Der Abschied von der vertrauten Umgebung und dem gewohnten Alltag kann emotional belasten, und individuelle Wünsche, etwa ein Einzelzimmer oder besondere Therapien, können zusätzliche Kosten verursachen, auch wenn die Grundversorgung in der Regel von der Krankenkasse übernommen wird.

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Die Schweizer Rechtslage zur Sterbehilfe ist klar geregelt. Artikel 115 des Strafgesetzbuches besagt: Wer aus selbstsüchtigen Gründen jemandem beim Selbstmord hilft, kann bestraft werden. Wer hingegen ohne eigennützige Motive assistiert, handelt legal.

Wichtig ist die Unterscheidung zu aktiver Sterbehilfe

Direkte aktive Sterbehilfe – etwa die absichtliche Tötung durch eine Spritze – ist strafbar.
Indirekte aktive Sterbehilfe – zum Beispiel die Gabe von Schmerzmitteln, die als Nebenwirkung den Tod beschleunigen – ist erlaubt.
Passive Sterbehilfe – das Abstellen lebenserhaltender Massnahmen – wird ebenfalls akzeptiert.

Ethische Perspektiven

Die Nationale Ethikkommission betont die Ambivalenz der Suizidbeihilfe: Sie vereint Fürsorge für Leidende und Respekt vor deren Selbstbestimmung. Jede Entscheidung verlangt einen persönlichen Gewissensentscheid; pauschale Regeln können die individuelle moralische Verantwortung nicht ersetzen. Besonders bei psychischen Erkrankungen oder jungen Menschen ist Vorsicht geboten: vorrangig sollte therapeutische Unterstützung erfolgen. Gleichzeitig fordert die Kommission, dass Sterbewünsche nicht aus ökonomischen Gründen entstehen und dass palliative Betreuung breit verfügbar bleibt.

Am Ende ist es keine leichte Entscheidung

Das Lebensende in der Schweiz kann heute weitgehend selbstbestimmt gestaltet werden – sei es durch Hospizbetreuung, mobile Palliativdienste, Betreuung zu Hause oder assistierten Suizid. Jede Option hat Vor- und Nachteile: Hospize bieten professionelle, empathische Begleitung, während das Sterben zu Hause Nähe und Vertrautheit ermöglicht. Palliative Care verbessert die Lebensqualität bis zum Schluss, ist aber vielerorts noch unterversorgt. Die Suizidbeihilfe eröffnet eine rechtlich abgesicherte Möglichkeit, das eigene Leben zu beenden, wirft jedoch komplexe ethische und gesellschaftliche Fragen auf.
Entscheidend bleibt, dass Patient:innen und Angehörige frühzeitig informiert werden, ihre Wünsche offen kommunizieren und medizinische, emotionale sowie ethische Aspekte sorgfältig abwägen. Selbstbestimmung am Lebensende ist möglich – doch sie erfordert die Ehrlichkeit aller Beteiligten, organisatorische und finanzielle Planung und sowie ausreichend Aufklärung über alle Möglichkeiten.

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