Weihnachtsgeschichten | silberFuchs

Auch der Silberfuchs verströmt ein bisschen weihnachtliche Stimmung. Neben Themen rund um die Altersmedizin haben wir kurze Weihnachtsgeschichten rausgesucht, die dazu einladen, etwas nostalgisch zu werden. Reinschnuppern lohnt sich …

Aus dem Buch: „Hör mal, Oma! Ich erzähle Dir eine Geschichte von Advent und Weihnachten – Sammelband“ von Elke Bräunling, 2014:

Uropas Weihnachten

„Als ich ein kleiner Junge war“, erzählt Uropa, „war die Weihnachtszeit anders. Stiller als heute und sehr geheimnisvoll. Am ersten Advent holten wir im Wald Tannenzweige, Misteln, Tannenzapfen, getrocknete Beeren und Gräser. Damit schmückten wir das Haus. Mutter dekorierte unseren Waldschmuck mit Äpfeln, Bändern, Nüssen und Kerzen, und an die Haustür hängten wir einen Mistelzweig.

Zum Mittelpunkt der Adventszeit aber wurde Mutters Adventskranz auf dem Küchentisch. Oft versammelte sich hier die ganze Familie. Wir redeten, sangen, bastelten und schmiedeten Pläne für die Weihnachtsferien. Ganz gemütlich wurde es, wenn Mutter Gewürznelken oder Tannenzweige auf den Ofen legte. Hm. Das roch fein. Manchmal gab es Bratäpfel oder eine Handvoll Weihnachtsplätzchen, die Mutter vor uns Naschkatzen versteckt hielt.

Schön war diese Zeit. Jeden Tag konnte man Weihnachten ein bisschen mehr riechen, überall raschelte es verräterisch, und die Spannung wuchs von Tag zu Tag.

Am Morgen von Heiligabend durften wir Vater in den Wald begleiten und den schönsten Tannenbaum aussuchen. Dann aber mussten wir warten, warten, warten. Die Wohnstube durften wir nämlich erst am Abend wieder betreten, wenn das Weihnachtsglöckchen ´Das-Christkind-war-da´ verkündete.

Wie sehr hatte sich unser Baum verändert! Geschmückt mit Äpfeln, Nüssen, Strohsternen, Plätzchen und Kerzen prunkte er in hellem Lichterglanz. Darunter stand die Weihnachtskrippe. Stumm vor Staunen starrten wir auf diese Pracht. Später las Großvater die Weihnachtsgeschichte, wir sangen Lieder, sagten Gedichte auf und schielten die ganze Zeit auf die Päckchen, die unter dem Baum auf uns warteten.

Endlich war es so weit, und Vater teilte die Geschenke aus. Wir freuten uns sehr, obwohl unsere Geschenke längst nicht so teuer und zahlreich waren, wie ihr es heute gewohnt seid. Ein Buch, ein Spielzeug, ein gestrickter Schal oder Pullover und ein Teller mit Plätzchen, Nüssen und Äpfeln für jeden von uns. Von Großvater bekam jedes Kind ein Fünfmarkstück, das wir hoch in Ehren hielten und lange aufsparten. Damals war das nämlich viel Geld.

Schnell verging der Abend mit Singen, Naschen und Spielen. Dann war es Zeit, in die Kirche zu gehen. Aus allen Richtungen kamen Leute durch den knirschenden Schnee, manche auf Schlitten, mit Laternen in den Händen. Schweigend und feierlich. In der Kirche war es wunderschön. Es roch richtig nach Weihnachten!

Wir sassen im Dunkeln, vorne am Altar stand eine große Tanne mit leuchtenden Kerzen. Darunter die Krippe in vollem Licht. Festlich erklang die Orgel während der Messe. Zum Schluss sangen alle „Stille Nacht, heilige Nacht“, und jedes Jahr wieder kamen mir die Tränen, und ich wünschte, dass das Lied nie zu Ende ging. Alles kam näher: die Krippe, die Kerzen, das Kind im Stall, Sterne funkelnd hinter den Kirchenfenstern – eben Weihnachten …

Aus dem Buch: „Omas Weihnachtsgeschichten“ von Elke Bräunling, 2016:

Früher was alles besser

„Früher“, sagte Opa Klug, „haben sich die Menschen mehr auf Weihnachten gefreut als heute. Hört ihr?“ Nein. Keiner hörte ihm zu. Seine „Früher-war-alles-besser“-Geschichten nervten. Und sie waren unbequem. Opa Klug zuckte mit den Schultern. „Na, dann eben nicht. Wer interessiert sich auch heute noch für alte Traditionen?“, brummte er. „Die echten, die wahren Traditionen. Gerade auch zur Weihnachtszeit.“ Er brummelte es nur leise, mehr für sich selbst. Dann zog er seinen Mantel an, setzte sich den ausgebleichten Schlapphut auf und spazierte in die Stadt. Viel war los an diesem Nachmittag kurz vor Weihnachten. Und es war laut. Langsam schlenderte Opa Klug an den Schaufenstern der Kaufhäuser und Läden vorbei. Sie waren mit Lichtern, Tannen und Glitzerglimmer hell und bunt und sehr weihnachtlich geschmückt. Aus dem Supermarkt erklang Musik. ‚Leise rieselt der Schnee‘ und ‚Stille Nacht, heilige Nacht.‘ „Schön!“, freute sich Opa Klug. „Es klingt nach Weihnachten. Der Schnee rieselt leise und still ist die Nacht.“ Er blieb vor einem Schaufenster stehen, starrte auf die bunten Päckchen, die wie Laternenlichter leuchteten, und lauschte eine Weile der Musik. Fast fühlte er sich besser, weihnachtlicher. Er summte die Melodien der bekannten, alten Lieder und lächelte den Leuten zu. Die aber lächelten nicht zurück; einige schubsten ihn zur Seite, weil er im Weg stand. Von Vorfreude, Besinnlichkeit oder gar Weihnachtsfriede sah er nichts in den müden Gesichtern der Menschen. Bepackt mit Tüten und Paketen eilten sie an ihm vorbei. Da hatte Opa Klug auch keine Lust mehr zum Liedersummen. Er trottete weiter. Überall drängelten sich die Leute, in den Straßen stauten sich Autos, aus den Geschäften plärrten Weihnachtslieder und vor manchen Häusern sangen Straßenmusikanten. Und niemand schien sich zu freuen. „Habe ich es nicht gesagt?“, brummte Opa Klug. „Früher war…“ Er beendete seinen Satz nicht, denn nun fühlte er sich, irgendwie, auch genervt.

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Viele weitere besinnliche Weihnachtsgeschichten finden sich in Elke Bräunlings Blog.
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