Wundermittel Zimmerpflanze? | silberFuchs

Ob Fensterblatt oder Lavendel – Zimmerpflanzen liegen im Trend. Sie sollen die Luft reinigen, Stress senken und die Stimmung heben. Aber stimmt das wirklich? Dieser Artikel gibt einen Überblick zu den Wirkungen unserer grünen Mitbewohner sowie Tipps für die richtige Pflanzenwahl.

Von wegen nur Deko – Zimmerpflanzen sollen mehr sein als blosser Blickfang. Sie gelten als natürliche Luftreiniger, Stimmungsaufheller und sogar als kleine Helfer gegen Stress. Gerade seit der Corona-Pandemie erleben Zimmerpflanzen ein echtes Comeback – mit prallen Blättern und exotischem Look sollen sie für Ruhe und Lebensqualität im Alltag sorgen. Aber können sie wirklich die Luft verbessern oder gar gesund machen?

Grüne Lunge für die Wohnung?

Ja, Pflanzen produzieren Sauerstoff. Aber bevor man jetzt sein Wohnzimmer in einen Dschungel verwandelt und denkt, man könnte sich das Lüften sparen: Ganz so einfach ist es nicht. Denn Zimmerpflanzen atmen auch – und verbrauchen dabei ebenfalls Sauerstoff.

Tatsächlich punkten Pflanzen eher auf anderem Weg: Sie verdunsten über ihre Blätter Wasser und sorgen damit für mehr Luftfeuchtigkeit. Das tut gerade in der Heizperiode den Schleimhäuten gut und kann helfen, Staub zu binden. Ausserdem können Pflanzen gewisse Stoffe wie Formaldehyd oder Benzol aus der Luft filtern – allerdings nur in sehr kleinen Mengen. Um wirklich einen spürbaren Unterschied zu machen, bräuchte es hunderte Pflanzen in der Wohnung.

Kurz gesagt: Zimmerpflanzen sind super fürs Ambiente und haben kleine, aber feine Effekte auf die Raumluft. Frische Luft aus dem geöffneten Fenster kann ihnen aber keiner streitig machen.

Gut für die Psyche

Während der luftreinigende Effekt von Zimmerpflanzen wissenschaftlich eher als gering einzuschätzen ist, zeigen zahlreiche Studien klare Hinweise auf positive psychische Wirkungen. Pflanzen wirken beruhigend, fördern das emotionale Wohlbefinden und können sogar Stress reduzieren.

So zeigte eine japanische Studie aus dem Jahr 2018, dass Menschen, die in ihrem Alltag von Pflanzen umgeben sind, ein signifikant niedrigeres Stresslevel aufweisen. Untersucht wurde dies anhand von Speichelproben und Blutdruckmessungen – beides Werte, die auf eine geringere körperliche Stressreaktion hindeuteten.

Auch eine gross angelegte internationale Online-Befragung während des ersten Corona-Lockdowns 2020, durchgeführt unter der Leitung von Katia Perini an der Universität Genua, lieferte interessante Ergebnisse: Rund 4.200 Menschen aus 46 Ländern wurden zu ihrer Wohnsituation und ihrem emotionalen Befinden befragt. Diejenigen, die viele Zimmerpflanzen zu Hause hatten, gaben deutlich häufiger an, sich emotional stabiler und weniger belastet zu fühlen als Personen ohne Pflanzen im Haushalt.

Ein möglicher Grund dafür: Der visuelle Kontakt mit Grünpflanzen aktiviert nachweislich den Parasympathikus – jenen Teil des Nervensystems, der für Ruhe, Erholung und Regeneration verantwortlich ist. Gleichzeitig sinkt die Pulsfrequenz. Wissenschaftler:innen vermuten, dass die Nähe zu Natur in uns evolutionär verankerte Gefühle von Sicherheit, Entspannung und Kontrolle auslöst. In einem urbanen Alltag, der oft reizüberflutet und schnelllebig ist, kann das Betrachten von Pflanzen damit zu einer kleinen, aber wirkungsvollen mentalen Auszeit werden.

Und: Zimmerpflanzen geben einen Rhythmus vor, fordern Achtsamkeit – wer giesst und pflegt, erlebt ein kleines Erfolgserlebnis, wenn die Pflanze gedeiht.

Welche Pflanzen passen zu mir?

Nicht jede Pflanze ist für jeden Haushalt geeignet. Manche enthalten reizende oder giftige Stoffe – ein Risiko für Kinder, Haustiere oder Allergiker:innen. Auch Staunässe im Topf kann zur Schimmelbildung führen, was empfindliche Atemwege zusätzlich belastet. Deshalb ist es wichtig, auf durchlässige Erde und gute Drainage zu achten – etwa mit einer Schicht Blähton – und regelmässig zu lüften, auch wenn’s draussen kalt ist.

Wer neu in die Pflanzenwelt einsteigt, muss nicht gleich einen Urban Jungle anlegen. Schon mit wenigen, pflegeleichten Arten lässt sich ein grüner Effekt erzielen. Hier einige beliebte Allrounder:

  • Lavendel: Beruhigt die Nerven, duftet angenehm – ideal fürs Schlafzimmer.
  • Bogenhanf: Filtert Schadstoffe, produziert nachts Sauerstoff – aber schwach giftig.
  • Aloe Vera: Pflegeleicht, luftreinigend, allerdings giftig bei Verzehr.
  • Kentia-Palme: Exotisch, stressreduzierend, absolut ungiftig.
  • Jasmin: Angenehmer Duft, wirkt angstlösend – am besten fürs Wohnzimmer.

Weniger Mythos, mehr Wohlgefühl

Zimmerpflanzen sind keine Wundermittel, die die Raumluft spürbar entgiften oder medizinische Effekte haben. Aber sie beeinflussen unser Wohlbefinden – seelisch wie körperlich – oft subtil, aber spürbar. Sie bringen Natur ins Haus, steigern die Luftfeuchtigkeit und helfen uns dabei, innerlich etwas runterzufahren.

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