Delir: Ein Blick in die Verwirrung

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Akute Phasen geistiger Verwirrung, besonders bei älteren Menschen im Spital, werden häufig mit Demenz verwechselt – sind aber ein Delir. Aber was ist das genau und was hilft dagegen?

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen gerade in einem Park eines Wohnblocks. Plötzlich öffnet sich die Tür des Wohnhauses vor ihnen und Rettungskräfte kommen zum Vorschein. Ein Patient liegt auf einer Trage, fiebernd und verwirrt, während er scheinbar unsichtbare Dinge aus der Luft greift und unsichtbare Flusen von seiner Decke zupft.

Im antiken Griechenland ereigneten sich solche Szenen bereits um 460 bis 370 vor Christus. Der Gelehrte Hippokrates von Kos erkannte diese Verhaltensweisen bei Patienten mit Fieber, Lungenentzündungen oder Meningitis. Diese Symptome wurden oft als tödliche Zeichen gedeutet. Was Hippokrates damals untersuchte, kennen wir heute als Delir. Obwohl seit den frühen Beschreibungen von Hippokrates viele Jahrhunderte vergangen sind, bleibt das Delir ein faszinierendes und komplexes Phänomen der Medizin.

Symptome: Das passiert bei einem Delir

Ein Delir beginnt plötzlich und kann stark schwanken. Die Symptome verschlechtern sich meist am späten Nachmittag und Abend, ein Phänomen, das als «Sundowning» bekannt ist (dt. frei übersetzt ‘beim Sonnenuntergang geschehend‘; resp. Unruhe, die beim Sonnenuntergang eintritt). Die Diagnose wird klinisch gestellt und es ist wichtig, typische Verhaltensänderungen frühzeitig zu erkennen.

Die Symptome eines Delirs umfassen viele kognitive und verhaltensbezogene Veränderungen:

  • Bewusstsein und Aufmerksamkeit: Typischerweise beeinträchtigt.
  • Wahrnehmung: Halluzinationen, oft visuell oder auditiv.
  • Denken und Gedächtnis: Verwirrung und Gedächtnisstörungen.
  • Psychomotorik: Unruhe oder Bewegungsarmut.
  • Emotionen: Stimmungsschwankungen und emotionale Labilität.
  • Schlaf-Wach-Rhythmus: Häufig gestört.

Delir von Demenz unterscheiden

Ein Delir wird oft nicht sofort erkannt oder fälschlicherweise mit Demenz und deren Verhaltensauffälligkeiten verwechselt. Der entscheidende Unterschied liegt in der Geschwindigkeit der Veränderung: Während sich Demenz langsam entwickelt und über Jahre hinweg fortschreitet, kann ein Delir innerhalb von Minuten bis Stunden auftreten. Bei einem Delir sind Symptome wie Verwirrtheit, Konzentrationsstörungen und Halluzinationen typisch. Betroffene können entweder überaktiv oder apathisch reagieren. Unbehandelt kann ein Delir ernste Folgen haben.

Was ist ein Delir?

Der Begriff Delir leitet sich vom lateinischen Wort delirare ab, was so viel wie ‘aus der Spur geraten‘ oder ‘wahnsinnig sein‘ bedeutet. Diese Beschreibung gibt einen guten Eindruck davon, wie sich ein Delir manifestiert: Ein Delir ist ein akuter Verwirrtheitszustand, der meist weniger als sechs Monate anhält. Typischerweise klingen die Symptome nach zehn bis zwölf Tagen ab, bei älteren Patienten können sie jedoch länger andauern. Es gibt zwei Hauptformen des Delirs:

  • Hyperaktives Delir: Charakterisiert durch Unruhe, Halluzinationen und erhöhte Reizbarkeit.
  • Hypoaktives Delir: Gekennzeichnet durch Bewegungsarmut, Apathie und eine geringe Kontaktaufnahme. Diese Form ist oft schwerer zu erkennen, aber nicht weniger schwerwiegend.

 

Was kann ein Delir auslösen?

Ein Delir kann aus vielen unterschiedlichen Gründen entstehen, und ältere Menschen sind besonders anfällig dafür – insbesondere während eines Spitalaufenthalts. Schätzungen zufolge erlebt etwa jeder dritte Mensch über 70 Jahren während eines Spitalaufenthalts ein Delir. Die Ursachen sind vielfältig: Operationen, starke Schmerzen, Infektionen oder ein Mangel an Flüssigkeit. Auch Reaktionen auf Medikamente oder emotionale Belastungen wie Stress und Angst spielen eine Rolle.

Meistens entsteht Delir durch eine Mischung von Faktoren. Schlaganfälle, Infektionen wie Harnwegs- oder Lungenentzündungen, Störungen im Wasser- und Elektrolythaushalt oder bestimmte Medikamente können eine Rolle spielen. Wichtig ist, dass das Phänomen Delir nicht auf Krankenhäuser beschränkt ist, sondern auch anderswo auftreten kann.

Das sind die Risikofaktoren

Nebst den bereits erwähnten Ursachen gibt es bestimmte Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit eines Delirs erhöhen. Dazu zählen fortgeschrittenes Alter, bestehende Demenz, Einschränkungen des Hör- oder Sehvermögens, verschiedene gesundheitliche Probleme und die Einnahme vieler Medikamente. Schon kleinere Veränderungen, wie ein neuer Ort oder eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten, können dann ausreichen, um ein Delir auszulösen.

Diagnosemöglichkeiten

Ein Delir wird hauptsächlich durch das Erkennen typischer Verhaltensänderungen festgestellt. Ärzt:innen nutzen dafür spezielle Testmethoden wie die Confusion Assessment Method (CAM), um herauszufinden, ob ein Delir vorliegt. Neben diesen Tests überprüfen sie auch die Medikation und untersuchen, ob es neurologische oder interne Gesundheitsprobleme gibt.

Dem Delir an den Kragen gehen: Die Behandlung

Die Behandlung eines Delirs konzentriert sich auf die Ursache des Problems und die Kontrolle der Symptome. Bei fieberhaften Infekten, Flüssigkeitsmangel oder Stoffwechselstörungen kann eine gezielte Therapie oft schnell Linderung verschaffen. Nicht-medikamentöse Massnahmen sind dabei die erste Wahl.

Meist wird versucht, die Ursache zu korrigieren; zum Beispiel die Behandlung von Infektionen oder die Wiederherstellung eines ausgeglichenen Flüssigkeitshaushalts. In schweren Fällen, bei denen eine Eigen- und/oder Fremdgefährdung besteht, können Medikamente eingesetzt werden, um den Patienten zu beruhigen und die Symptome zu lindern. Hierbei muss jedoch genau abgewogen werden, welche Medikamente sinnvoll sind, da insbesondere Antipsychotika und Benzodiazepine Risiken mit sich bringen können. Die Entscheidung für Medikamente sollte sorgfältig getroffen werden, um die Vorteile gegen mögliche Nebenwirkungen abzuwägen.

Was können Sie präventiv tun?

Regelmässige Besuche durch Freunde und Angehörige, sowie die damit verbundene geistige Anregungen können helfen, das Risiko für Delir zu verringern. Auch das Bereitstellen von Hör- und Sehhilfen, um die Orientierung zu verbessern und die richtige Schmerzkontrolle tragen zur Prävention bei. Zudem sollte die Medikation regelmässig überprüft werden, um Medikamente zu identifizieren, die möglicherweise ein Delir auslösen könnten

Die frühzeitige Erkennung ist entscheidend

Ein Delir ist ein ernstzunehmender Zustand, der insbesondere bei älteren und gesundheitlich geschwächten Menschen häufig auftritt. Durch eine frühzeitige Erkennung sowie gezielte Präventionsmassnahmen ist es möglich, das Delir-Risiko erheblich zu mindern. Entscheidend für den Erfolg ist die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten – von Ärzt:innen, Pflegepersonal und Angehörigen. Gemeinsam kann dafür gesorgt werden, dass Betroffene die bestmögliche Betreuung und Unterstützung erhalten. Ein ganzheitlicher Ansatz, der sowohl medizinische als auch menschliche Aspekte berücksichtigt, ist der Schlüssel, um die Herausforderungen eines Delirs erfolgreich zu bewältigen und die Lebensqualität der Patienten zu erhalten.

(SR)

 

2 Comments

  1. Ein Riesen Kompliment für diesen «Blick in die Verwirrung». Ist sehr gut verständlich und in Kürze beschrieben. Ein Thema das in der Langzeitpflege und Spitex sehr wichtig ist in der Anwendung. Leider sind die Leitlinien noch nicht in allen Regionen der Schweiz angekommen.

    Silberfuchs finde ich eine echt gute Sache in der ganzen Vielfältigkeit.

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  2. Liebe Frau Heitzmann
    Vielen lieben Dank für Ihren Kommentar. Es freut uns, wenn unsere Texte Freude bereiten.
    Herzliche Grüsse
    Die Silberfuchs-Redaktion

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